15 Nov Häkelbuch Rezension: „Häkeln für Männer“
Häkelbuch Rezension „Häkeln für Männer“ von Carina (Häkelmonster.de):
In meiner Welt gibt es Bücher, die sind super, Bücher, die sind nicht mein Ding und Bücher, die sind so skurril, dass ich da erst mal drüber nachdenken muss.
In letztere Kategorie gehört das Buch, das mir vom Landwirtschaftsverlag zugeschickt wurde. Theo Sundh hat schon als Kind häkeln gelernt, tut es bis heute und hat einen eigenen Blog. Nun gibt es sein erstes Buch: „Häkeln für Männer.“
Ich habe ihn angeschrieben und gefragt ob er für ein Interview zur Verfügung stünde und er hat zwar zuerst zugesagt, sich dann aber leider nicht mehr gemeldet. Dabei ist sein „Buch über die Häkelkunst für den modernen Mann und die moderne Frau“ (so steht es auf dem Klappentext) zumindest in Teilen wirklich ungewöhnlich.
Aber von Vorne: im Buch werden 35 Projekte in fünf Kategorien vorgestellt. Die Dandy-Modelle stehen bei Theo Sundh für Eleganz. Es gibt beispielsweise einen Schlips, eine Fliege oder die Nelke fürs Knopfloch. An Yuppies dachte er bei der Laptophülle, den Handschuhen und der Tasche.
Der Naturbursche kann sich u.a. eine Weste häkeln, eine Eisbärmütze oder Handschuhe. Für den Hipster ist das Spültuch gedacht, ein Totenschädel oder ein gehäkelter Hamburger. Und schließlich der Playboy – bei Theo Sundh häkelt der Playboy frivol. Eine dritte Brustwarze, eine Unterhose oder ein Wärmer für den „besten Freund.“
Und damit bin ich gleich bei meiner Kritik: für mein Empfinden ist keine der Kategorien wirklich gut umgesetzt. Ein Hipster ist nach meinem Verständnis jemand, der versucht sein „Anders-als-die-Mehrheit-sein“ zu kultivieren mit tendenziell eher altmodischer Kleidung oder ausgefallenen Frisuren. Hätten hier nicht besser Beutel hingepasst und Mützen, alles für apple-Produkte oder Loops?
Stattdessen gibt es Anleitungen für eine Pinnwand, ein Softeis als Schlüsselanhänger und das, was ich oben schon geschrieben habe. Hallo? Häkeln ist toll, Ihr wisst wie gerne ich häkel und doch … Ich finde zum Beispiel auch nicht, dass Gehäkeltes elegant ist. Filethäkelei mag was anderes sein, aber darum geht es bei dem Dandy nicht. Hier wird mit der 3er-Nadel Baumwollgarn verarbeitet.
Die Anleitungen sind dabei gut – die Laptophülle zum Beispiel gefällt mir sehr und auch die Idee der Spüllappen ist schön – aber Vieles ist für mein Empfinden doch sehr gewollt. Vielleicht sind aber auch nur die Männer, die ich kenne, anders als die Männer, für die dieses Buch geschrieben ist. Wie dem auch sei, ich kenne keinen Mann, der sich eine gehäkelte Nelke anstecken würde oder eine Erdbeerbrosche; keinen Mann, der sich einen Totenkopf häkelt und aufstellt, um die Toten zu ehren oder der gut aussieht in der Weste Timber. (Die Jacke Kettenhemd gefällt mir allerdings gut, nur wäre ich da nie auf die Assoziation Kettenhemd gekommen).
Dann gibt es Modelle, deren Sinn sich mir nicht erschließt: die Rasiermütze, die „Mann“ tragen soll, damit ihm beim Rasieren die Haare nicht in die Stirn hängen (wo rasiert der sich denn?) oder die gehäkelten Würfel, die – an den Rückspiegel des Autos gehängt – Glück bringen sollen. Ich denke mal, das Glück ist wahrscheinlicher wenn einem die Dinger nicht im Sichtfeld hängen.
Schließlich der gesamte Playboy-Teil. Bei der Vorstellung Max käme abends mit schwarzer Augenmaske und gehäkelter Unterhose ins Schlafzimmer … tut mir leid aber da kann ich nicht ernst bleiben. Gehäkelte Unterhosen sind eh nicht mein Ding, für niemanden (wie ich neulich erst in einer Rezension geschrieben habe).
Augenmasken auch nicht. Die dritte Brustwarze ist lustig, aber ebenso wenig mein Geschmack und der Wärmer? Was soll ich dazu sagen. Ich kann nicht beurteilen, ob der bequem ist, aber Mohair? Ausgerechnet (rosa) Mohair?! Ich würde vermuten das ziept oder fuselt oder beides. „Eine Größe passt natürlich nicht allen, achte also darauf, die Breite und Länge an die tatsächliche Größe anzupassen.“ Da fällt mir nichts zu ein.
Im Anschluß gibt es 10 Seiten solider Häkelschule und noch zwei Seiten zu Mustern. Alles gut, nichts zu meckern.
Bleibt noch das, was Theo schreibt und wie er es schreibt: ich weiß nicht, ob es an der Übersetzung liegt, aber mich sprechen die Texte nicht an. Weder die Formulierungen noch der Inhalt. „Auf Strümpfen herumzulaufen, wenn man irgendwo eingeladen ist, kann sich wie ein Bruch der Etikette anfühlen. Um diesen peinlichen Fehltritt zu umgehen, habe ich mir Pantoffeln ausgedacht“ – Ich weiß nicht wohin Theo eingeladen wird, aber wenn ich zu einer Veranstaltung gehe, bei der Etikette gefragt ist, musste ich noch nie die Schuhe ausziehen. Oder „Die fingerlosen Handschuhe sind perfekt, wenn es Handschuhwetter ist, man aber gleichzeitig seine flinken Finger frei haben muss. Wenn du ein Taschendieb bist weißt du was ich meine.“ Ich bin keiner, ich weiß es nicht.
„Häkeln für Männer“ soll Anleitungen beinhalten für Dinge, die Männer sich häkeln würden. Dazu Folgendes: Im Zeitschriftenladen am Berliner Flughafen Tegel sind die Regale für Zeitschriften überschrieben mit „Magazine für Männer“ (Spiegel, Auto Motor Sport, Manager Magazin …) und „Magazine für Frauen“ (Landliebe in 8 Varianten, Klatschblätter, Handarbeiten). Das heißt, dass ich ans Männerregal gehe wenn ich den Spiegel lesen möchte. Blödsinn, oder? Ist aber so.
In meiner Welt braucht es keine geschlechterspezifischen Zeitschriften und auch keine geschlechterspezifischen Häkelbücher. Wenn ich den Spiegel lesen möchte, kaufe ich den Spiegel, wenn ich Spitzenschals häkeln möchte, kaufe ich ein Buch in dem Spitzenschals drin sind. Gleiches gilt für Mützen, Weihnachtsdeko, Socken, Pullover, Tinnef, was immer sonst. Ganz einfach eigentlich, oder?
„Häkeln für Männer“ kokettiert mit dem Playboy, dem vermeintlich so anderen, was aber letztlich bestenfalls als Gag taugt. Der Rest sind alltägliche Anleitungen, die wir so oder so ähnlich alle schon irgendwo gesehen haben. Vieles davon ist für Männer wie Frauen gleichermaßen geeignet: die Hüllen für Laptop und iPad, der Loop, der Überzug für den Fahrradsattel, die Schnürsenkel, die Pinnwand oder die Sportstrümpfe.
Max (erwachsener Mann) und Julius (10jähriger Junge) leben mit mir und mit Wolle. Sie müssen anprobieren und beurteilen, Wolle wickeln und aufribbeln und sie tun das alles gerne. Sie sind Profis. Deshalb habe ich beide gebeten Vorschläge zu machen was Männer häkeln würden. Jenseits der Basics (Mütze, Schal, Handschuhe, Hüllen für alles, was elektronisch ist) kam da nicht viel: ein Netz für Bälle (Julius) und ein Netz für das Seifenstück, damit das in der Dusche nicht immer abhaut (Max). Dann habe ich beide gebeten das Buch durchzusehen und sich eine Sache auszusuchen, die ich ihnen häkeln soll. Max hätte gerne die Weste (kriegt er nicht!) und Julius den Totenkopf (dito).
Und das läßt mich zu der Erkenntnis kommen, dass dieses Buch (wie die meisten Dinge im Leben) tatsächlich Geschmacksache ist. Theo Sundh möge mir verzeihen, dass sein Erstlingswerk mein Geschmack nicht ist. Wie gesagt, ich hätte da gerne mit ihm drüber gesprochen.
Wenn dir das Buch gefällt, kannst du es hier bestellen.
jadranka
Posted at 19:07h, 16 Novemberin meinem lieblingscafé in berlin (am nollendorfplatz :-) würden die dinge prima ankommen, es ist geschmackssache!
ich bin von beruf nachhilfelehrerin und als mich eine kundin letzte weihnachten bat, statt mathe mal häkeln mit ihren söhnen (11 und 14 jahre) zu machen, haben sich beide mächtig in´s zeug gelegt und jeweils anleitungen von myboshi umgesetzt. der jüngere, mit tollem talent, hat aus dem stand eine perfekte mütze gehäkelt, der ältere tat sich etwas schwerer. am ende des abends hat der papa es bedauert, nicht mitgemacht zu haben und sich für diesen herbst gleich vormerken lassen. in 2 wochen geht es wieder los, diesmal mit der ganzen familie.
die eltern sind architekten, gestalten ist ihnen vertraut, und dass männer häkeln ist in der jungen generation nichts ungewöhnliches mehr. die myboshi-jungs haben da viel dazu beigetragen, und auch über dieses buch bin ich sehr froh, je mehr desto besser! männer, ran an die maschen!!
Astrid
Posted at 15:56h, 16 NovemberHolla die Waldfee oder besser gesagt, Dinge die die Welt nicht braucht. Aber wie immer, klasse rezensiert, liebe Carina!!
Sieglinde
Posted at 09:39h, 16 NovemberIch hatte mir das Buch zugelegt, da ich viele Jungs in meinen diversen Häkelgruppen habe und um nette Anregungen dankbar bin. Preiswert kann man das Buch nicht bezeichnen, umso ärgerlicher ist der teilweise bescheuerte Inhalt. Anspruchsvoll ist keines der Modelle. Also kurzum ich find das Buch einfach nur beknackt!!!
irene
Posted at 08:37h, 16 NovemberIch finde der Titel des Buches sollte noch erweitert werden: Häkeln für Männer im Fasching ;-))
Twinmom
Posted at 23:39h, 15 NovemberVielen lieben Dank für eine ehrliche Rezension, die man immer seltener liest!
Margret
Posted at 22:07h, 15 Novemberdieses Buch muss man nicht haben, schon gar nicht als Frau, es gibt doch wirklich so vile schoenere Dinge die man nachhaekeln bzw. stricken kann!
Kaddi
Posted at 19:48h, 15 NovemberDanke für die Buchvorstellung! Ich weis echt nicht, ob ich die Ideen aus dem Buch witzig oder doch eher merkwürdig finde… Wenn ich meinem Freund mit der Augenmaske oder den Unterhosen kommen würde, würde er sich vermutlich vor Lachen nicht mehr einkriegen:-D
Ingrid
Posted at 18:18h, 15 NovemberDa sind ja wirklich skurrile Sachen drin, die niemand braucht.
LG
Ingrid
Karin
Posted at 13:18h, 15 NovemberDanke für die Rezension, ich habe viel gelacht :-D Liebe Grüße, Karin