13 Jun „Zwei rechts, zwei links“ – von Ebba D. Drolshagen … eine Buchvorstellung
Ach…Sie stricken?
Ebba D. Drolshagen sagt das so wunderbar, dass ich mir diese Situation so richtig lebendig vorstellen kann. In dem „Ach“ steckt so eine Art Erstaunen, das aber eher wie Mitgefühl klingt. So etwas sagt in der Regel auch nur jemand, der es mit dem Stricken nicht so hat. Je nachdem wie man es betont, kann es ja auch so oder anders gemeint sein: „Ach – die arme Frau muss sich ihre Kleidung wohl selbst stricken!?“ Dabei haben viele Menschen nur wenig Vorstellung darüber, über welchen Reichtum an Erfahrung und Handfertigkeit man verfügen muss, um das Stricken zu beherrschen.
Vielleicht um auch einmal mit diesem Klischee aufzuräumen, in der Zeit zurückzureisen bis zu den Anfängen der Kleidungsherstellung und dabei verschiedene Kulturen und Regionen zu besuchen – das hat Ebba D. Drolshagen zum Anlass genommen, ein Buch über das Stricken zu schreiben: „Zwei rechts, zwei links“. Im Mai stellte sie es im Rahmen einer Lesung der Ausstellung „100 Prozent Wolle“ im MEK – Museum für europäische Kulturen Berlin – vor. Es war ein sehr schöner Sommerabend, aber trotzdem kamen erstaunlich viele Interessierte zu der Lesung. Also teilt man die Leidenschaft ja doch mit sehr vielen anderen. Und als Ebba D. Drolshagen dann mit dieser oben beschriebenen Anekdote Ihren Vortrag über das Stricken eröffnete, gefolgt von einem zustimmenden Raunen im Publikum, fand ich mich unter Gleichgesinnten wieder.
Bei einer Lesung erwartete ich ja eigentlich, dass sich die Autorin ihr Buch schnappt und ausgewählte Abschnitte daraus vorträgt. Das hat sie nicht gemacht. Stattdessen hat sie Geschichten um das Buch herum erzählt, von der Idee zur Entstehung, von Erfahrungen und Erlebtem. So nett und kurzweilig wie sie das vorgetragen hat, liest man auch den Inhalt des Buches.
Über das Buch
Edda D. Drolshagen erzählt in ihrem Buch „Zwei rechts, zwei links“ auf vergnügliche Art und Weise viele Geschichten rund ums Stricken. In den 16 Kapiteln schreibt die Autorin über die Anfänge des Strickens und das Stricken als Erwerbstätigkeit bis zum Hobby, jedoch auch über Designerinnen und die Veränderung der Strickwelt durch das Internet. Sie beschreibt sehr persönlich und anekdotenreich die Geschichte des Strickens. Besonders interessant waren die Anfänge – genaue Jahresangaben dazu gibt es zwar nicht – aber eines der ältesten Strickstücke soll ca. im 12. Jahrhundert n. Chr. in Ägypten entstanden sein. Es ist eines der ältesten Exemplare, welches je gefunden wurde. Es zeigt schon eine enorm ausgeprägte Fähigkeit, so dass man annehmen darf, dass Stricken noch viel früher entstanden ist.
Weiterhin widmet sie sich ausführlich dem Färben von Wolle, zeigt aber auch auf, dass (Hand)Stricken vor der Erfindung der Strickmaschine ein wichtiger und angesehener Beruf von Männern(!) war. Handgestrickte Socken oder Handschuhe meist aus Seide oder Baumwolle waren sehr kostbar und nur Adlige konnten sich diese leisten. Sie schreibt auch über das sogenannte Armutsstricken, welches hauptsächlich von Frauen zur Unterstützung des Unterhalts der Familien gemacht wurde,
sowie das im 19. Jahrhundert aufkommende Salonstricken als Beschäftigung für Frauen in der höheren Gesellschaft. Zu dieser Zeit entstanden auch die ersten Bücher zum Thema Stricken. Auch auf die Frage, welches Muster woher kommt und welche Einflüsse es dazu gab, geht sie ein und stellt dabei Strickdesignerinnen wie Elizabeth Zimmerman wie auch die DesignerInnen bei ravelry vor.
Ihr Buch ist ein schönes Potpourri zum Thema Stricken und Wolle. Sie greift schon viele Themen auf, aber beim Lesen wird man so ergriffen, dass man noch mehr erfahren möchte.
So wie auch bei der Lesung im MEK: Sie hat die Themen aus ihrem 251 Seiten starken Buch nur anreißen können.
Ich persönlich finde, es eignet sich hervorragend als Ferienlektüre – falls die Nadeln mal ruhen sollen. Es ist kein Buch, dass ich von vorne bis hinten lese. Aber ich suche mir die Kapitel raus, auf die ich gerade Lust habe und lege es dann auch wieder bei Seite. So für zwischendurch eine echte Bereicherung. Bei meinem Buch sogar mit Widmung…
Das Buch ist im Suhrkamp Verlag erschienen. Und natürlich kann man es kaufen, unter anderem bei Amazon. Und hier mal ein kleiner Hinweis: Amazon belohnt mich, wenn du das Buch dort nach dem Klicken auf den Link kaufst. Ich wollte das mal erwähnen. Und hier ist der Link zu Amazon für das Buch:
Das Rezensionsexemplar wurde mir vom Suhrkamp Verlag zur Verfügung gestellt.
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