November im Wald

Schoenstricken Wichteltür

Die Sonne berührt mit ihren letzten Strahlen des Tages den Waldboden und scheint schwach durch die eng stehenden Bäume hindurch. Bald wird es dunkel werden und Zeit, dass die Geschöpfe des Waldes, ihr Quartier für die Nacht aufsuchen. An den Ästen hängen kaum noch Blätter – daran ist deutlich zu merken: Es wird Winter.

Nyk hat ein wenig Schwierigkeiten, mit seinen knubbeligen und kalten Fingern den Brief zu öffnen, den er soeben in seinem Briefkasten neben der Tür gefunden hatte als er nach Haus gekommen war. Nyk ahnt bereits, was das für ein Brief ist, und er war deswegen die letzten Wochen auch sehr aufgeregt. Vielleicht auch deshalb klappt das mit dem Öffnen nicht so ganz reibungslos. Nach einem kleinen Seufzer, dass es nicht so geht, wie er es will und der Brief auch schon ein bisschen knickrig aussieht, entscheidet er sich, erstmal in seine Wohnung zu gehen und sich ein Tässchen Tee zu machen. Das wird ihn beruhigen, und außerdem ist es ja drinnen gemütlicher.

schoenstricken Wichteltür 1

Als erstes kniet sich Nyk vor seinen Kamin, um das Holz anzuzünden. Es ist in diesem Jahr so ganz plötzlich kalt geworden und zum Glück hatte er schon rechtzeitig Feuerholz besorgt. Langsam greift die kleine Flamme auf die Holzscheite über, und es hatte angefangen, leise zu knistern und zu knacken. Nyk hält seine Handflächen vorsichtig vor das Feuer und spürt, wie die Wärme ihm guttut. Mit dem guten Gefühl zieht er sich nun seine Zipfelmütze vom Kopf, wuschelt sich einmal durch seine drahtigen Haare und geht wieder zurück zur Tür, wo er seine Jacke aufhängt und aus seinen Stiefelchen schlüpft. Er fasste sich mit seinen mittlerweile warmen Händen einen Moment an die Zehen, bevor er sich die dicken Wollsocken anzieht. Jetzt wurde es aber Zeit, sich den Tee zu machen und endlich den Brief zu öffnen. Während das Wasser in dem kleinen Kessel über der Kaminflamme langsam zu köcheln anfing, zieht sich Nyk seinen Sessel zum Kamin hinüber und positioniert diesen direkt davor. Bevor er sich seinen Tee aufgießt, schnäuzt er noch in sein Taschentuch und stopft es anschließend wieder tief in die Hosentasche.

Nun sitzt er wohlig in seinem Sessel und nippt mit dem Brief in der Hand an der heißen Teetasse. Jetzt kann er ihn in Ruhe öffnen und lesen. Er stellt seinen Tee kurz beiseite, greift sich eine stabile Ahornnase, die er sich aus dem Wald als Brieföffner mitgebracht hatte und schlitzt den Brief an der Falzung auf. Jetzt sind seine Finger auch so angewärmt, dass das Herausnehmen des Briefes aus dem Umschlag gut klappt.

Lieber Nyk,

 

deine Ausbildung zum Weihnachtswichtel ist nun beendet und du bekommst deinen
ersten Einsatz bei 
einer Familie. Es geht auch schon bald los und du darfst mit deinen
Vorbereitungen nicht noch lange 
warten. Doch zunächst mal dein Einsatzort: Du
kommst in die Familie von Katrin und wirst dort den 
Advent über wichteln dürfen.
In Katrins Familie gibt es auch einen kleinen Jungen, den du verzaubern, 
aber nicht
erschrecken darfst. Schließlich kennt der Junge noch keinen Weihnachtswichtel. Er freut
sich aber ganz doll auf Weihnachten, und deine Aufgabe ist es, mit deiner Anwesenheit
ihm und der Familie die Zeit etwas zu verkürzen. Richte dir dein Stübchen dort hübsch
ein, sei fleißig, mach nicht so viel Unsinn, überlege dir Aufgaben für die Familie 
und
wenn du dich in der Nacht herumtreibst, dann wecke keinen auf. Als erstes musst du
dein Kommen ankündigen und einen Brief an die Familie schreiben, dann bereitest
du alles für die Bauarbeiten und den Einzug vor – mach dir dafür am besten eine
Vergiss-Nichts-Liste. Aber das hast du ja alles in deiner Ausbildung gelernt. Und wenn
du doch mal Hilfe benötigst, dann fragts du deine Nachbarn Mikkel und Gert.
Die beiden helfen dir gerne weiter.

Dein Wichtelkomitee

 

Da ist er nun der Brief – der Brief, in dem das Wichtelkomitee Nyk mitteilt, in welche Familie er zur Weihnachtszeit einziehen wird.

schoenstricken Wichteltür

Seine Augen glänzen vor Vorfreude, er nippt behutsam nocheinmal an seiner Teetasse und liest den Brief ein weiteres Mal. Danach legt er ihn neben seinem Sessel auf dem Schemel ab, nimmt den letzten Schluck Tee zu sich und steht auf. Nyk holt sich dann das gute Briefpapier, welches er als Abschlussgeschenk von der Wichtelschule bekommen hatte und setzt sich zusammen mit einer Kladde aus Birkenrinde und seinem Schreibstift zurück in den Sessel. Er beginnt zu schreiben…

 

3 Kommentare
  • Hanna
    Posted at 11:50h, 28 November Antworten

    Hallo Katrin
    Soeben bin ich auf die Wichtelgeschichte gestossen. Ich bin zwar nicht mehr klein, aber es ist so schön geschrieben und hat mich erinnert, als ich auch so eine Wichtelgemeinschaft hatte. Die stand bei einer ganz lieben Person, die es heute leider nicht mehr gibt. Und deshalb auch kein Wichtelwald mehr. Nun vielleicht gibt es bei mir auch bald wieder so ein Wichtelhäuschen. Ich bin schon auf weitere Geschichten gespannt. Alles Liebe und eine gute Adventszeit. Hanna

  • Bettina
    Posted at 05:50h, 25 November Antworten

    Liebe Katrin!
    Vielen Dank für diese schöne Email!
    Bei uns wohnt auch ein Wichtel. Vor ein paar Jahren ist seine Wichteltür bei uns im Wohnzimmer an der Wand. Anscheinend findet er es so gemütlich hier, das er auch im Sommer da wohnen bleibt. Er stellt dann immer seinen Liegestuhl vor seine Tür. Gestern hat er einen kleinen Weihnachtsbaum aufgestellt. Außerdem hat er einen kleinen Kaminofen vor seiner Türe. In den nächsten Tagen werde ich ihm einen Teppich häkeln und einen Sessel basteln. Er soll sich ja wohl fühlen und noch lange bei uns bleiben!
    Ich wünsche Euch eine schöne Adventszeit und viel Spaß mit Eurem Nyk! Liebe Grüße, Bettina

  • Jacky
    Posted at 18:09h, 24 November Antworten

    Wundervoll, ich liebe diese kleine märchenhafte Adventszeit. Genießt die leuchtenden Augen von dem Knirps. Schöne Nissenzeit Jacky

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